Montag, 25. August 2014

Wirre Spin Doctors Oder VG Media erkennt Ablehnung ihrer Kartellbeschwerde nicht an

Okay, diese Überschrift ist reißerisch zugespitzt. Aber ich musste gerade trotzdem erst ungläubig schauen und dann lachen.

Über die Pressemitteilung der VG Media, mit der sie der FAZ, aber eigentlich auch dem Bundeskartellamt widerspricht. Denn die VG Media verkündet unter ihrem Briefkopf:

"Das Bundeskartellamt prüft die Einleitung eines Verfahrens von Amts wegen gegen Google"

Gefolgt von:
"Die VG Media weist die sachlich unzureichende Darstellung und Bewertung der Antwort des Bundeskartellamts an die VG Media vom 11. August 2014 durch FAZ.net zurück."
Damit meint die VG Media den FAZ-Artikel "Verleger blitzen beim Kartellamt ab", der die Zurückweisung der Beschwerde der VG Media gegen Google vor dem Bundeskartellamt zum Gegenstand hat. Das Scheitern ihrer Beschwerde, die über den Hebel "Mißbrauch der Marktstellung" dem Leistungsschutzrecht als Geldquelle den Weg ebnen sollte.
 
Die FAZ hält dazu aus einem Schreiben des Bundeskartellamts fest, dass die Behörde die Beschwerde für "nicht schlüssig und nicht substantiiert" hält.

Vom Versuch, die Ohrfeige vom Kartellamt in Beifallklatschen umzudeuten. Bild: Ute Mulder  / pixelio.de

Die VG Media reagiert auf ebendiesen Artikel (der inzwischen auch eine VG-Media-Passage enthält) äußerst verschnupft und stellt in der eigenen Pressemitteilung fest:


"Sollte Google wegen der Geltendmachung des Leistungsschutzrechtes durch die Verlage die verlegerischen Angebote aus der allgemeinen Google-Websuche auslisten, sei dies ein kartellrechtlich relevantes Verhalten, stellt das Bundeskartellamt ausdrücklich schriftlich fest."

"Das Bundeskartellamt werde ein Verfahren gegen Google nicht auf die Beschwerde der Verleger und der VG Media stützen, sondern prüfe 'losgelöst von der Beschwerde', die Einleitung eines Verfahrens gegen Google von Amts wegen." 

"Ergänzend hat das Bundeskartellamt gegenüber der VG Media erklärt, auch Google selbst sei vom Bundeskartellamt schriftlich deutlich gemacht worden, dass das Bundeskartellamt eine Auslistung als Reaktion auf die Geltendmachung des Leistungsschutzrechts der Presseverleger als Kartellrechtsverstoß ansehen könne."

Was natürlich total super für die VG Media sei, weil Google so ja klar gemacht worden ist, dass es vom Kartellamt auf die Finger gibt, wenn sich Google erdreisten sollte, Verlagsinhalte einfach auszulisten, nur weil die Verlage Geld für Verlinkungen sehen wollen.

Der Haken ist nur: Das ist offenbar nur die Meinung der VG Media. Und deutlich verkürzt. Beim Kartellamt klingt das irgendwie anders.

Aus dessen PM mit der Überschrift

"Beschwerde der VG Media bietet keine hinreichende Basis für Einleitung eines förmlichen Missbrauchsverfahrens gegen Google":

"Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: 'Erforderlich für die Einleitung eines Missbrauchsverfahrens ist stets ein hinreichender Anfangsverdacht. Die Beschwerde der VG Media konnte diesen nicht begründen.'"

Und zur kartellrechtlichen Relevanz von Auslistungen findet sich da:
"Das Bundeskartellamt beobachtet unabhängig von der Beschwerde von VG Media das konkrete Verhalten und die belegbaren Reaktionen von Google auf die Geltendmachung des Leistungsschutzrechts durch die einzelnen Verlage oder die VG Media aus kartellrechtlicher Sicht und wird gegebenenfalls die Einleitung eines Verfahrens gegen Google von Amts wegen prüfen."

 

Rechnung ohne das Kartellamt

Und was das ausdrückliche schriftliche Festhalten angeht, dass eine Auslistung ein kartellrechtlich relevantes Verhalten sei, steht im von irights.info hochgeladenen Brief des Kartellamts an die VG Media das, was jedem einleuchtet: Sollte Google komplett Verlagsinhalte auslisten, obwohl auch eine leistungsschutzrechtfreie Darstellung möglich wäre, dann kann das Mißbrauch der Marktstellung sein. Das ist klar, denn das wäre die Drohkeule: "Nerv mich, und ich dreh euch den Traffic-Hahn ab."

Konkret:
"Als kartellrechtlich relevantes Verhalten käme insoweit eventuell eine vollständige Auslistung von Webseiten deutscher Presseverlage aus den Ergebnissen der allgemeinen Suche von Google als Reaktion gerade auf die konkrete Einforderung von Leistungsschutzrechts-Entgelten durch einen oder mehrere Verlage in Betracht - an Stelle der Auslotung und des Rückgriffs auf eine leistungsschutzrechtsfreie und damit unentgeltliche Nutzung."
 
 Das heißt aber nicht, dass Google zahlen muss. Denn in dem Brief steht auch:

"Eine kartellrechtliche Verpflichtung Googles zum entgeltlichen Erwerb von
Leistungsschutzrechten ist aus Sicht der Beschlussabteilung nicht anzunehmen.
Eine Pflicht von Google zur Darstellung der Webseiten deutscher Presseverlage in einem so großem Umfang, dass das Leistungsschutzrecht nach § 87 f UrhG berührt würde, kommt aus Sicht der Beschlussabteilung ebenfalls nicht in Betracht."

Anders formuliert: Kartellamtsthemen wären ein flächiges Auslisten seitens Google und die fehlende Berücksichtigung von Darstellungsformen, die nach LSR kostenfrei sind. Welche genau das wären, wissen wir nur noch nicht. Denn erst muss noch gerichtlich entschieden werden, was denn überhaupt dem LSR unterliegt und ob Google-Ergebnisanzeigen überhaupt betroffen sind.

In dem Brief stehen darüber hinaus noch einige harte Kritiken am Vorgehen der VG Media, eine kräftige Ohrfeige für die Argumentation ("Die vorgetragenen Anknüpfungspunkte für ein eventuell kartellrechtsrelevantes Verhalten wechseln und beruhen teilweise auch nur auf Mutmaßungen") und als krönender Abschluss den Verweis darauf, dass das Kartellamt auch mal prüfen könnte, ob die VG Media kartellrechtskonform ist.

Das stellt alles in allem eine deutliche Niederlage vor dem Kartellamt dar.

Dieses Scheitern dann hindrehen zu wollen als Erfolg, weil Google ja jetzt verwarnt worden sei, dass das Kartellamt es im Blick habe, ist - so völlig losgelöst von Fakten - einigermaßen peinlich. Ein Spin-Doctoring-Versuch, bei dem eigentlich nur dem Initiator schwindlig wird. Hier wird versucht, eine Ohrfeige in Beifallklatschen umzudeuten. Das hat was von Realitätsverweigerung.




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