Freitag, 30. November 2012

Microsofts Saugfähigkeit und der gelungene Kampagnenansatz rund um BrowserYouLovedToHate

Zu sagen, dass Microsofts Browser Internet Explorer ein Imageproblem hat, wäre untertrieben. Redmond hat schon eine Weile das Problem, dass die alte Übermacht im Browser-Markt von Firefox, Chrome & Co. untergraben wurde und da draußen User sind, die sich eher die Maushand abhacken als einen Internet Explorer installieren würden. 

Wie bei vielen Microsoft-Produkten gilt: Sie sind verbreitet, aber nicht beliebt. Und bei Browsern gab es gute, nein, sogar schlicht bessere Alternativen.

Was Microsoft jetzt aber mit der Kampagne rund um BrowserYouLovedToHate macht, ist wirklich ziemlich gut. Im neusten Spot geht es um einen klassischen Troll, der aus seinem Wohnkeller gegen den Internet Explorer 10 stänkert. Und unermüdlich im Namen der Menschheit (eher seiner eigenen Verbohrtheit, aber das mag aus seiner Perspektive anders aussehen) Negativ-Kommentare quer durch's Netz spammt. Bis, ja bis...




Das ist clever und witzig. Microsoft nimmt die Trolle auf die Schippe, stellt sich aber gleichzeitig auch der Erkenntnis, dass der IE bei vielen ungefähr so beliebt ist wie Steuerprüfer. Und dass es ein hartes Stück Arbeit darstellt, sich aus diesem Image-Loch rauszugraben.

Gut zu sehen an dem Spot für den IE9.  Da gab es durchaus Leute, die gesagt haben: "Hey, der Spot ist echt gut. Wenn ich's nicht besser wüsste, würd' ich mir das Ding glatt installieren." Für bestimmte, meist jetzt nicht mehr ganz so junge Teile der Netznutzerschaft zählt "Der IE ist Müll" zu den Grundgewissheiten des Lebens. Morgens geht die Sonne auf, zum Runterfahren muss ich ins Startmenü, in Nigeria gibt's keine wealthy businessmen, die mir per Mail ernstgemeinte Angebote schicken, der IE saugt. So einfach ist das.

Dieses bescheiden-selbstironische Auftreten funktioniert da besser als normale Werbung. Denn diese Haltung zum IE ist gelernt. Ich muss diese User wieder überzeugen. Das versucht Microsoft nicht nur über den Spot. Der ist ja eine satirische Klatsche für Trolle. Erkennt aber trotzdem im Grundsatz an, dass es schlechte Meinungen über den IE gibt und die so verbreitet sind, dass das Thema adressiert werden sollte.

Auch die Seite dahinter kommt so daher:

Screenshot von Browseryoulovedtohate.

Allein die Reiterbeschriftung ist klasse: 
Curious?
It's good now.
No, really.


Das setzt am richtigen Punkt an - der Akzeptanz, dass die Nutzer mein Produkt aus der Vergangenheit heraus für Schrott halten. Und ich sie vom Gegenteil erst wieder überzeugen muss.

Klar ist nicht gesagt, dass Spot und Seite die Leute tatsächlich überzeugen, sich den IE zu holen. Aber selbst wenn sie sich wie der Keller-Nerd nur zurücklehnen und sagen "Ok, vielleicht ist er nicht mehr ganz so sehr Schrott" ist imagetechnisch ein wichtiger Schritt getan. 

Und bei "clever und witzig" gilt es natürlich auch, die Microsoft-Maßstäbe für "clever und witzig" anzulegen. Wir reden hier von einem Unternehmen, bei dem sich witzig und nah an der Zielgruppe geben gerne mal so aussieht:



(So wollte MS auf der Norwegian Developers Conference für Stimmung sorgen. Wie gut das geklappt hat, sieht man an den Publikumsreaktionen.)

Oder auch so:

(Der ist echt. Aus der IE8-Kampagne.)

Im Vergleich dazu ist BrowserYouLovedToHate richtig, richtig gut. Kreativ, witzig und mit gewisser sympathischer Bescheidenheit versehen. (Was trotzdem nicht heißt, dass ich mir jetzt den IE installiere.)

Und ja, Karaoke Webstandard haben sie tatsächlich auch aufgesetzt.



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