Sonntag, 23. November 2014

Von wegen Disruptoren: Die Arschlochkinder des Raubtierkapitalismus

Unter Startups, gerade US-Startups im Silicon Valley, gibt es ja durchaus einen gewissen Habitus, ein Leitbild, einen Mythos. 

Ich meine jetzt nicht den Hoodie. Auch wenn der Teil der gewählten Uniform sein kann.

Ich meine das Leitbild des Disruptors. "Move fast and break things." Der plucky Underdog, der charmante Halunke, der irgendwie schlauer ist als die anderen, die alten Dinosaurier.

Das ist grundsätzlich nicht unsympathisch, aber in der letzten Zeit mehren sich mal wieder die negativen Fälle. 

Diejenigen, bei denen man sagen muss: Ihr seid keine Disruptoren. Ihr seid die Arschlochkinder des 80er-Jahre-Raubtierkapitalismus, mitten in der Pubertät. Werdet erwachsen.

Bild: Fotolia / adam121

Aktuellstes Beispiel: Der Fahrdienst Uber, besser gesagt dessen Senior Vice President Emil Michael. Der hat im Rahmen eines Abendessens mit Medienvertretern nicht nur laut drüber gemault, wie böse und unfair manche Journalisten zu ihm seien. Nein, er hat noch Rachefantasien gesponnen, wie das Unternehmen gezielt gegen Einzelne (Sarah Lacy von PandoDaily, um genau zu sein) eine Schmutzkampagne fahren könnte, um sie fertig zu machen.

Sonntag, 26. Oktober 2014

Netzespresso - "Ambition" oder Wie Magier für den Weltraum werben

Rosetta übersetzen. Es hat einen gewissen Witz, dass die European Space Agency bei der Kampagne für ihre Kometenmission auf Storytelling setzt, einen Science-Fiction-Kurzfilm als Instrument wählt. Und es ist auch schlüssig. Denn der Witz an Storytelling-Ansätzen wiederum besteht darin, eine gute Narration zu finden, um Menschen Dinge nahe zu bringen, die komplex, abstrakt oder schwer zugänglich sind.

(Gut, im Fall vom Einsatz im Marketing kann es auch um Dinge gehen, die schlicht langweilig oder komplett überflüssig sind, aber das führt jetzt zu weit.)

Der Kurzfilm Ambition übersetzt also die Rosetta-Mission, besser gesagt: Ihren Kern und den der ESA. Warum schießt man eine Sonde ins Weltall, die einen Kometen abfängt und einen Roboter auf ihr landen lässt? Wieso investiert man über zehn Jahre und über eine Milliarde in so ein Projekt, in Raumfahrt generell?


Bild: Ambition Still.

Die Antwort lässt Regisseur Tomek Baginski einen Meister und dessen Lehrling geben. Zwei Magier, die auf einer unirdisch wirkenden Landschaft über Strebsamkeit, den Ursprung des Lebens und Kometen reden. (Gut, was heißt Magier. Zwei Wesen im Besitz von Technologien oder Kräften, die weit genug entwickelt sind, um wie Magie zu wirken.)

Es ist nicht einfach ein simpler Erklärclip, sondern ein Kurzfilm, der atmosphärisch gekonnt eine Sci-Fi-Geschichte um die Basisfakten herum erzählt.





Donnerstag, 23. Oktober 2014

Querverweis - Wired: Die Zukunft des "i"

Wer mich kennt, wird nicht unbedingt davon überrascht sein, dass ich mich durchaus als Vertreter der Wired-Kernzielgruppe betrachte und mich Marke wie Themenfeld interessieren. Neue Medien/Magazin-Konzepte ohnehin. 

Insofern war es schlüssig, dass ich mir die neue deutsche Wired mal angesehen habe. Meine Online-Kritik dazu gibt's drüben im Kontakter-Blog. (In der Printausgabe gibt's auch eine mit etwas anderer inhaltlicher Ausrichtung.)


Was mir neben dem großen I an der Wired aufgefallen ist: Einige Texte darin könnten so auch in Spiegel, FAZ und SZ stehen. Und das ist als Vorwurf gemeint. 

Mehr gibt's hier: Wired - Die Zukunft des "i"



Mittwoch, 15. Oktober 2014

Ab in die Kühltruhe - Facebook, Apple, Social Freezing und technische Lösungen für gesellschaftliche Probleme

Auf den ersten Blick wirkt es recht skurril: NBC News zufolge bieten Apple und Facebook ihren Mitarbeiterinnen künftig auch Social Freezing, also das Einfrieren von Eizellen, im Rahmen der Gesundheits- und Bonuspakete an. 

"Kinder kriegen und Karriere machen ist für dich als Frau nicht vereinbar? Dann leg doch ein paar Eizellen auf Eis und krieg' die Kinder später."

Eine technische Lösung für ein gesellschaftliches Problem. Was erwartet man sonst auch von Tech Companies? So gehen sie Probleme nun mal an.

Ganz so simpel ist es aber nicht.
 
Ganz so eindimensional, wie es in der weiteren Berichterstattung und Diskussion großteils rüberkommt, ist es ebenfalls nicht.

Bild: Claudia Hautumm  / pixelio.de

Die Diskussion entwickelt gerade zwei Pole: Den "Toll, wie fortschrittlich, das schafft Frauen echt Spielräume"-Pol und den "Was für eine durchtriebene Falle und ein völlig falsches Signal"-Pol.

Interessanter finde ich das Spannungsfeld dazwischen.

Es geht schon damit los, dass die Diskussion sich auf das Einfrieren von Eizellen als Angebot der Techies an Frauen fokussiert. Dabei geht fast überall unter, dass das keine singuläre Maßnahme darstellt, sondern als Option in den entsprechenden Benefit-Paketen der Unternehmen auftaucht.

Gerade bei Silicon-Valley-Größen gibt es inzwischen umfangreiche Benefit- und Perks-Programme, um Mitarbeitern Anreize jenseits des Gehalts zu bieten. Und, was man als Westeuropäer nicht vergessen darf: Die Amerikaner haben ein derart irrwitziges Gesundheitssystem, dass es in der Tat hochrelevant ist, welche Art von Gesundheitsvorsorge der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern anbietet und finanziert.

Sonntag, 14. September 2014

Querverweis - Kontakter: Mit Augmented Reality dem Druckschluss trotzen

Wer hier gelegentlich reinliest, weiß, dass mich das Thema Multimedialität und Verbindung der verschiedenen journalistischen Kanäle und Plattformen durchaus interessiert. Für die Dmexco-Ausgabe des Kontakter konnte ich nun eine Idee ausprobieren, wie sich mit Augmented Reality Print erweitern lässt - der Druckschluss erweitern und umgehen lässt, um genau zu sein. 

Wir haben uns etwas ausgeknobelt, um den Printlesern im Blatt Bilder zeigen zu können, die sich erst nach Druckschluss überhaupt knipsen ließen. Und mit dem Ergebnis unseres kleinen Cross-Channel-Grußes bin ich durchaus zufrieden.

Mehr findet sich im Kontakter-Blog und natürlich der Print-Ausgabe. Das war ja der Sinn der Sache.

Für mich stellt das einen Einsatz von AR in Print dar, der tatsächlich eine inhaltliche Erweiterung (wenn auch nur um zeitkritische Fotos und einen Kommentar) möglich machte. Aus meiner Perspektive sind nämlich zu viele der AR-Projekte, aber auch andere Multimediaaktionen eher Glassperlenspielereien - sehen hübsch aus, haben aber nur begrenzten Wert.

Und es wird interessant sein zu sehen, inwieweit Leser es annehmen. Denn oft genug stellt der Medienbruch zwischen Print und Online eine Hürde dar, die nur die wenigsten überwinden. QR-Codes beispielsweise (ja, auch so einen haben wir mit drin) werden typischerweise kaum von Lesern genutzt. Für mich liegt das in guten Teilen daran, dass meist der Mehrwert zu gering ist.

Ich will unsere Aktion nun nicht zu hoch hängen, aber es hat Spaß gemacht, die Idee umzusetzen. Und das Feedback dürfte interessant sein. Die ersten Reaktionen waren jedenfalls schon sehr positiv.

Dienstag, 9. September 2014

Netzespresso: Was wir finden, wenn wir verloren gehen

Mit technischen Fortschritten und der Digitalisierung unseres Alltags gewinnen wir nicht nur viel hinzu, wir verlieren auch Dinge. (Nein, keine Sorge, das wird kein technologiekritischer Post. Instrumente sind selten schuld daran, wie man mit ihnen umgeht.)

Der britische Science-Fiction-Autor Charles Stross hat einen dieser Verluste als Nebengedanken in seinem Roman Halting State aufgegriffen: Die nächste Generation wird nicht wissen, wie es sich anfühlt, sich in einer fremden Stadt, fremden Gegend zu verirren. Weil sie immer wissen werden, wo sie sind. 

Der Verlust des Sich-Verirrens und die Implikationen dieses Konzepts finde ich einen spannenden Gedanken. Versteht mich nicht falsch, ich bin ein großer Fan von GPS-Navigation auf Mobilgeräten. Ich finde es großartig, in fremden Umgebungen dank Smartphone von A nach zu B zu kommen, ohne mit Karten oder anderem Krempel hantieren zu müssen. Noch großartiger mit Sprachausgabe, weil man dann ungestört die Umgebung mitbekommt.

Drift - Eine App zum Verlorengehen. Bild: Screenshot.


Aber die genaue Verortung und Zielführung kann den Blick verengen. Menschen, die die Welt durch ein Display wahrnehmen, hat jeder schon zur Genüge gesehen.

Der Verlust von Unsicherheit kann ebenfalls den Blick und die Gedanken verengen. Der Fokus auf ein Ziel lässt die weitere Umgebung verschwimmen. Mit negativen Folgen, nicht umsonst geht es bei Ideenfindungsprozessen darum, nicht nur eine Lösung zu finden und sich auf der auszuruhen, sondern möglichst verschiedene Blickwinkel einzunehmen.

Wie gewinnt man nun Unsicherheit zurück?

Montag, 25. August 2014

Wirre Spin Doctors Oder VG Media erkennt Ablehnung ihrer Kartellbeschwerde nicht an

Okay, diese Überschrift ist reißerisch zugespitzt. Aber ich musste gerade trotzdem erst ungläubig schauen und dann lachen.

Über die Pressemitteilung der VG Media, mit der sie der FAZ, aber eigentlich auch dem Bundeskartellamt widerspricht. Denn die VG Media verkündet unter ihrem Briefkopf:

"Das Bundeskartellamt prüft die Einleitung eines Verfahrens von Amts wegen gegen Google"

Gefolgt von:
"Die VG Media weist die sachlich unzureichende Darstellung und Bewertung der Antwort des Bundeskartellamts an die VG Media vom 11. August 2014 durch FAZ.net zurück."
Damit meint die VG Media den FAZ-Artikel "Verleger blitzen beim Kartellamt ab", der die Zurückweisung der Beschwerde der VG Media gegen Google vor dem Bundeskartellamt zum Gegenstand hat. Das Scheitern ihrer Beschwerde, die über den Hebel "Mißbrauch der Marktstellung" dem Leistungsschutzrecht als Geldquelle den Weg ebnen sollte.
 
Die FAZ hält dazu aus einem Schreiben des Bundeskartellamts fest, dass die Behörde die Beschwerde für "nicht schlüssig und nicht substantiiert" hält.

Vom Versuch, die Ohrfeige vom Kartellamt in Beifallklatschen umzudeuten. Bild: Ute Mulder  / pixelio.de

Die VG Media reagiert auf ebendiesen Artikel (der inzwischen auch eine VG-Media-Passage enthält) äußerst verschnupft und stellt in der eigenen Pressemitteilung fest:

Mittwoch, 13. August 2014

Querverweis - Schöne neue Arbeitswelt?

Drüben im runderneuerten Kontakter-Blog habe ich zum Auftakt unserer Serie zur Zukunft der Arbeit ein paar Zeilen zur schönen neuen Arbeitswelt geschrieben.

"Vielen Dank für das Gespräch, ich melde mich bei Ihnen." Inzwischen passiert es Personalern, dass sie diesen Satz nicht selbst sagen – sondern sich von Kandidaten anhören dürfen. Der Rollentausch ist die Folge einer veränderten Situation im Arbeitsmarkt. Fachkräftemangel, demografischer Wandel & Co. lassen grüßen.
Nun sollte man bei diesen Schlagworten aufpassen und sie auch kritisch prüfen. Denn einiges wird hier hochgekocht, und einiges haben sich die Unternehmen selbst eingebrockt. (Nein, damit meine ich nicht den demografischen Wandel.)"

Weiter geht's hier.

Zu Wertewandel, der Notwendigkeit, dass Arbeitgeber wie Arbeitnehmer flexibler werden müssen  und den Gefahren verschwimmender Grenzen.

Dienstag, 5. August 2014

Zerstörerische Pionierleistungen im Neuland oder das gefährlich analoge Recht

Klagen darüber, dass "die Politik" das Netz nicht verstehe oder die Gesetze wie der Gesetzgeber einfach zu langsam sind und der digitalen Realität deutlich hinterher hinken, sind nicht neu. Und doch drängen sich ein paar Zeilen dazu gerade wieder auf, weil sich in den vergangenen Wochen die Facepalm-Momente hierzu bemerkenswert häuften.

Von Applaus für das fatale Recht auf Vergessenwerden des Europäischen Gerichtshofes über spanische Politiker, die sich für ihre schlechte Kopie des Leistungsschutzrecchts feiern bis hin zu einem deutschen Gesetzentwurf zum Kleinanlegerschutz, aufgrund dessen dem sonst eher bedächtigen Bitkom-Hauptgeschäftsführer der Kragen geplatzt ist, weil da "Internet-Ausdrucker Start-up-Politik machen". Für den einzigen Lichtblick ist ausgerechnet das britische Oberhaus zuständig.
Aber der Reihe nach. 

"Komm, geh'n wir Infrastruktur zerstören im Netz." / Bild: Christoph Droste  / pixelio.de
 

Es ist schon ein Kreuz mit dem Klau von Ideen und Texten im Netz. Da nehmen sich die spanischen Politiker doch glatt einen alten Entwurf vom deutschen Leistungsschutzrecht und prügeln ihn durch die erste Abstimmung im Kongress. Damit droht auch in Spanien ein langwieriger Streit darum, wer wie viel für online verwendete Anrisse von Verlagstexten zu zahlen hat. Nur dass die spanische Variante im momentanen Stadium noch missratener klingt als das deutsche LSR. Es steht nämlich im Raum, dass es bereits für simple Links gelten könnte. Und Anspruch auf Zahlungen haben allen Ernstes nur Mitgliedes des Zeitungsverbands AEDE.

Eine "Pionierleistung für Europa" hat Heise zufolge der spanische Bildungsminister José Ignacio Wert die Verabschiedung im spanischen Kongress vollmundig genannt. Das kann man in der Tat so sehen. Zu den Aufgaben von Pionieren beim Militär gehört schließlich auch die Beschädigung und Zerstörung von Infrastruktur. Und die Verlinkung von Seiten und Inhalten kann man sehr wohl als Teil der grundlegenden Struktur des Internet sehen.  

Back On Air

*Klopf, klopf*. Ist dieses Ding an?

Also - *räusper* - da bin ich wieder.

"Expect normal service to continue."

Muss nur kurz Staub wischen und die Möbelschoner abziehen. 

Anders gesagt: Nach einer längeren Pause sollte hier nun wieder auch mal was passieren.

Statt dem Mikrowitz hätte ich natürlich auch einen meiner Lieblingsfilme zitieren können mit
"Wieder zuhause, wieder zuhause, guten Abend, JF!"

Aber den Witz hätten vielleicht zwei Leute verstanden.

Gut, dass ist mir normalerweise egal, aber so muss man ja nicht aus der Pause kommen.


Das ist in etwas gefälligerer Form vielleicht sinnvoller. 

In diesem Sinne.


Soundgarden. Been Away Too Long from Suspended In Light on Vimeo.